04.12.2025 – Gesundheit & Psyche
Impfschutz bei Menschen mit MS

Impfungen sind für Menschen mit MS1 von entscheidender Bedeutung, um sie vor Infektionen zu schützen, die zu einer Verschlimmerung der Symptome führen können. Neben den allgemein empfohlenen Standardimpfungen sollte bei MS-Erkrankten erwogen werden, ob weitere Impfungen wegen des geschwächten Immunsystem angezeigt sein könnten. Das gilt insbesondere für diejenigen, die Immuntherapeutika erhalten, die über eine (teilweise) Unterdrückung des Immunsystems (Immunsuppression) wirken. Daher empfehlen MS-Gesellschaften eine vollständige Impfabdeckung, um Infektionsrisiken im Zusammenhang mit krankheitsmodifizierenden Therapien (DMT) zu verringern.2
Viele MS-Betroffene ohne Standardimpfschutz
Eine Studie, die an sechs deutschen MS-Zentren durchgeführt wurde, zeigt nun, dass die Hälfte der MS-Betroffenen noch nicht einmal über einen Standardimpfschutz verfügte. Tatsächlich war die Impfquote bei MS-Patientinnen und Patienten in der Studie tendenziell sogar niedriger als bei gesunden Kontrollpersonen, berichten die Forschenden um Erstautorin Paula Schade vom Universitätsklinikum Jena in „Therapeutic Advances in Neurological Disorders“.2
Studie untersucht Impfraten und Einflussfaktoren bei MS
In der multizentrischen Studie hatten die Forschenden neben den Impfraten auch die Faktoren untersucht, die beeinflussen, ob MS-Betroffene Impfungen erhalten. Dafür erstellten sie für 397 MS-Patientinnen und Patienten auf Basis der Impfausweise einen sogenannten Impfindex. Dieser umfasste acht Standardimpfungen, ein höherer Index zeigte eine bessere Impfquote an. Daneben erhoben sie mithilfe von Fragebögen und einer Umfrage bei Hausärztinnen und -ärzten Parameter wie allgemeine Impfskepsis, MS-spezifische Impfvorstellungen und das Vertrauen der Studienteilnehmenden in Informationsquellen.2
Impfindex mit MS oft niedriger als bei Gesunden
Auf diese Weise stellten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fest, dass der Impfindex bei Menschen mit MS tendenziell niedriger ausfiel als bei einer Kontrollgruppe von 300 gesunden Personen. So war beispielsweise nicht einmal jeder fünfte MS-Erkrankte ausreichend gegen Gürtelrose, Grippe oder andere Atemwegserkrankungen geimpft, wie die Forschenden berichten.1 Bei der Analyse der Ursachen für diese niedrige Impfrate bei Menschen mit MS zeigte sich, dass diese nicht auf einer übermäßigen Impfskepsis der Betroffenen beruhte. Allerdings gaben 82 Prozent der 109 befragten Hausärztinnen und Hausärzte an, dass sie aufgrund von Unsicherheit oft selbst zögern, Impfungen zu empfehlen und MS-Betroffene zu impfen.2 Den Forschenden zufolge ist diese Unsicherheit nachvollziehbar, da jede Hausarztpraxis im Durchschnitt nur weniger als zehn MS-Erkrankte betreut.1
Der Studienleiter und Neurologe PD Dr. Florian Rakers schlägt deshalb vor, einige MS-Behandlungszentren als spezialisierte Impfzentren zu etablieren. Das könne dazu beitragen, dass Patientinnen und Patienten mit Multipler Sklerose die leitliniengerechte Versorgung erhalten.1
Quellen:
1 Universitätsklinikum Jena: Impfschutz bei Multipler Sklerose besorgniserregend niedrig. Pressemitteilung vom 27. Januar 2025.
2 Schade P et al. Vaccination coverage and its determinants in patients with multiple sclerosis-a multicenter cross-sectional study. Ther Adv Neurol Disord 2025 Jan 24:18:17562864241309806.