Welche Rolle spielt Vitamin D bei COVID-19?

WASHINGTON (Biermann) – Patienten mit niedrigem Vitamin-D-Spiegel, die wegen COVID-19 ins Krankenhaus eingeliefert werden, haben möglicherweise ein geringeres Risiko zu sterben oder mechanisch beatmet zu werden, wenn sie eine Vitamin-D-Supplementierung von mindestens 1000 Einheiten pro Woche erhalten. Darauf deutet eine Studie hin, die auf der virtuellen Jahrestagung der US-amerikanischen Gesellschaft für Endokrinologie vorgestellt wurde.
Immer wieder haben Studien gezeigt, dass niedrige Vitamin-D-Spiegel mit einem schlechteren Verlauf von Atemwegs- sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Infektionen, Tumorerkrankungen und Diabetes mellitus verknüpft sind. Forscher vermuten hier einen Zusammenhang zwischen dem Vitamin-D-Signalweg und dem Immunsystem.
Seltener Beatmung nach Vitamin-D-Zugabe
In der vorgestellten Studie sollte deshalb an Patienten mit niedrigem Vitamin D-Spiegel untersucht werden, ob eine Vitamin-D-Zufuhr vor der coronabedingten Einlieferung ins Krankenhaus zu einer weniger schweren COVID-19-Erkrankung führte. Die Forscher um Dr. Sweta Chekuri vom Albert Einstein College of Medicine in New York, analysierten dazu 124 erwachsene Patienten mit niedrigem Vitamin-D-Spiegel. Dabei zeigte sich, dass Patienten, die eine Vitamin-D-Zugabe erhalten hatten, tendenziell seltener mechanisch beatmet werden mussten oder verstarben (33,3 % vs. 37,5 %). Allerdings war das Ergebnis statistisch nicht signifikant.
Vorsicht: Viel hilft nicht viel!
Umfassende Auswertungen der Studienlage zur Rolle von Vitamin D in der Corona-Pandemie gibt es von der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) und dem Robert-Koch-Institut. Auch hier wurde kein eindeutiger Beweis für einen Vorteil von Vitamin D gefunden – außerhalb der belegten Wirkung auf die Knochen.
„Darüber hinaus mehren sich die Hinweise dafür, dass viel nicht unbedingt viel hilft und möglicherweise sogar eher nachteilig sein könnte, sodass nach Ansicht des Vorstands der DGE auch weiterhin eine routinemäßige Bestimmung der Vitamin-D-Spiegel oder eine hochdosierte Behandlung der Allgemeinbevölkerung mit Vitamin D außerhalb der gesicherten Indikationen (…) nicht gerechtfertigt erscheint“, heißt es deshalb in einer aktuellen Stellungnahme der Fachgesellschaft.
Allerdings erlaubt es die unklare Studienlage auch nicht, kleinere Effekte oder einen möglichen Vorteil von Vitamin D in bestimmten Untergruppen auszuschließen. Bis diese allerdings eindeutig identifiziert sind, bleibt eine potenzielle Vitamin-D-Zugabe eine individuelle Entscheidung von Arzt und Patient.
Raus an die frische Luft und gesund essen
Wer seinen Vitamin D-Status ohne Substitution verbessern will, dem empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, im Sommer und auch im Winter oft an die frische Luft zu gehen. Zusätzlich wird empfohlen, ein- bis zweimal pro Woche fetten Seefisch zu essen, der neben Vitamin D auch gesunde Omega-3-Fettsäuren und Jod enthält. Bei ausreichendem Aufenthalt im Freien und entsprechender Sonnenbestrahlung der Haut sowie ausgewogener Ernährung könne eine gute Vitamin-D-Versorgung ohne die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten erreicht werden. Eine routinemäßige Verwendung von Vitamin D zur Prophylaxe oder zusätzlichen Therapie von SARS-CoV-2-Infektionen empfiehlt das Robert-Koch-Institut (RKI) nicht.