Geringerer Impferfolg bei Menschen mit MS?

Ebenso wie Rheuma und Schuppenflechte ist auch die Multiple Sklerose eine chronisch-entzündliche Erkrankung, bei der das Immunsystem anders reagiert als bei gesunden Menschen (immune-mediated inflammatory disease, IMID). Viele Betroffene sind außerdem dauerhaft auf Medikamente angewiesen. Ein Team des Deutschen Zentrums Immuntherapie (DZI) am Universitätsklinikum Erlangen wollte wissen, welchen Einfluss solche Erkrankungen auf den Erfolg der Corona-Impfung mit einem m-RNA-Impfstoff haben. Die Untersuchung an knapp 270 Personen (84 IMID-Betroffene und 182 Gesunde) wurde in der Fachzeitschrift „Annals of the Rheumatic Diseases“ veröffentlicht.
Einer von zehn Menschen mit IMID bildete keine Antikörper
Die allermeisten IMID-Betroffenen sprachen gut auf die Impfung an. Allerdings gab es auch Teilnehmende, die nach der Impfung mit einem m-RNA-Impfstoff keinen ausreichenden Immunschutz aufbauten: Einer von zehn Teilnehmenden mit IMID bildete keine neutralisierenden Antikörper gegen SARS-CoV-2 – unter den Gesunden nur einer von hundert.
Dabei betrafen die reduzierten Impfreaktionen unbehandelte, konventionell- und immuntherapierte IMID-Betroffene. Die Forschenden vermuten, dass dies nicht nur mit bestimmten Medikamenten zusammenhängt, sondern mit der chronischen Entzündung an sich. PD Dr. David Simon, Assistenzarzt der Medizinischen Klinik 3 – Rheumatologie und Immunologie des Uni-Klinikums Erlangen, der die Studie betreute, rät Menschen mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen daher, ihre individuelle Impfantwort vierzehn Tage nach der zweiten Impfung überprüfen zu lassen.
Was die ÖGN zur Corona-Impfung empfiehlt
Für die Österreichischen Gesellschaft für Neurologie (ÖGN) stellt die Diagnose MS prinzipiell keine Kontraindikation gegen Impfungen dar. Impfungen mit Totimpfstoffen könnten uneingeschränkt bei MS-Betroffenen durchgeführt werden. Somit sei eine mRNA-Impfung gegen SARS-CoV2 auch bei Menschen mit MS möglich und empfohlen. Grundsätzlich sei die SARS-CoV2 Impfung, so wie jede andere Impfung (mit einem Tot- oder Lebendimpfstoff), zumindest sechs Wochen vor Beginn einer verlaufsmodifizierenden Therapie zu empfehlen.
Weiterlesen…
Im Interview „Multiple Sklerose in Zeiten der Corona-Pandemie“ rät Dr. med. Judith Bellmann-Strobl Menschen mit MS, sich darüber bewusst zu sein, dass sich bei ihnen möglicherweise ein verminderter Impferfolg einstellt. Die Neurologin und Oberärztin der Hochschulambulanz für Neuroimmunologie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin betont aber: „Auch ein etwas reduzierter Impfschutz ist besser als kein Impfschutz.“ Das vollständige Interview lesen Sie hier.